Liebe Rufie,
mir ist schon klar, wo Dein Respekt vor dem Projekt herrührt und ich kann es auch verstehen . Du hast jetzt eigentlich 2 oder eher 3 Möglichkeiten.
1. Du lässt alles im Schrank liegen und wartest auf einen Geistesblitz.
Allerdings glaube ich nicht so recht, dass dieser dann so schnell von alleine kommt.
2. Du fängst einfach an.
Das wird sicher viel Überwindung kosten.
3. Du machst erstmal ein Quiltprojekt zum Warmwerden.
Da Du Dich bereits um Probevliese gekümmert hast, drängt sich das doch quasi auf ;). Dann bekommst Du schon mal ein Gefühl für die Sache und vielleicht einen Plan. Aber auch dann braucht es noch ein bisschen Überwindung.
Mein schlimmstes Projekt bezüglich Schneidehemmung waren Patchworkkissen aus alter Kleidung einer verstorbenen Bekannten. Ich hatte mich angeboten diese als Erinnerung zu machen und hatte dann auch starke Hemmungen, die Kleidungstücke anzuschneiden. Die Blusen, Röcke und T-Shirts kannte ich zum großen Teil noch an ihr und sie fehlte mir ohnehin und dann hatte ich noch das Gefühl ich könnte es nicht passend machen und dann wäre alles verloren. Die Kissen sollten für die engsten Angehörigen sein und ich war mir einfach nicht sicher, ob diese wirklich im passenden Stil machen würde. Der Stil meiner Bekannten unterschied sich deutlich von meinem. Aber ich wollte das gern machen. Wirklich helfen kann man den Angegehörigen in der Trauerphase kaum, wenn man nicht sehr eng befreundet ist. Hingehen und Trösten kam in dem Fall nicht wirklich in Frage, aber ich dachte mir, dass eine solche Erinnerung eine schöne Sache ist. Ich hatte es also angeboten und nach ein paar Monaten bekam ich dann einen Sack mit Kleidung, die ich dafür verwenden konnte. Mit dem Hinweis, dass es schön sei, wenn ich 2 Kissen daraus nähen könnte (diese beiden Kissen waren nicht für die Beschenkte gedacht, aber sie dachte nie zuerst an sich). Nach den ersten Schnitten in die Sachen und nachdem die ersten Einlagen auf T-Shirts gebübgelt waren, ging es quasi wie von selbst. Ich habe am Ende 5 Kissen genäht, weil ich diese 5 Angehörigen kannte und ihnen allen ein Kissen schenken wollte, die Kleidung reichte glücklicherweise dafür. Angeschnittene Reste der Kleidung habe ich natürlich entsorgt, das wollte ich ihr ersparen. Nur ein unangetastetes Kleidungsstück blieb übrig, das habe ich dann zurückgeben. Die Beschenkte, die ein Kissen für sich und 4 zum Weiterverteilen von mir bekommen hat, hatte Tränen in den Augen. Natürlich kamen diese Tränen auch, weil es ein so schwerer Verlust war, aber sie hat sich wirklich sehr über die Kissen gefreut, das konnte ich deutlich spüren. Sie hat sich auch nochmal bei mir gemeldet und mir erzählt, wie sehr sich die anderen Beschenkten gerfreut hätten, natürlich ging es auch dort nur gemischt mit Tränen, aber das ist eben ein Teil der Trauerarbeit. Ich glaube, ich habe es sogar geschafft mich am Stil meiner Bekannten zu orientieren und meinen Geschmack außen vor zu lassen - auch das ging quasi von allein, als ich mich auf die Arbeit eingelassen habe. Das ist nun schon eine Weile her und ich hoffe/denke, dass die Kissen nun eine wirklich schöne Erinnerung sind. Ich habe übrigens keine Bilder von diesen Kissen, das ist eine sehr persönliche Sache und gehört nicht hier ins Forum. Auch wenn ich sehr hoffe, dass es in nächster Zeit keinen solchen Anlass mehr geben wird, würde ich es jederzeit wieder machen - auch in dem Wissen, dass es mir immer schwer fallen würde.
Ich denke, dass auch bei Dir die Schneidehemmung massiv abnehmen wird, wenn Du erstmal angefangen und ein paar Schnitte gemacht hast. Du hast zumindest den Vorteil, dass Du nur Deinen eigenen Geschmack treffen musst und vermutlich weniger Trauer mitspielt. Wenn du erstmal mit einem einfacheren Laken anfängst, wäre der Verlust, der im schlimmsten Fall entstehen könnte, vermutlich tragbar. Dann kannst Du lockerer an die Sache herangehen und siehst im besten Fall, dass es die richtige Entscheidung war anzufangen und der Rest geht dann viel leichter. Ich denke, die Weißwäsche ist bei Dir umgearbeitet immer noch besser aufgehoben als im Originalzustand im Schrank oder in einem Musseum. Zumindest hätte meine Oma sich mehr darüber gefreut, wenn die Sachen in der Familie geblieben wären.
Die Frage, ob Du Teile des Quilts rot hinterlegen solltest, würde ich verneinen. Das liegt nicht daran, dass ich den Effekt nicht mögen würde, sondern hat vor allem praktische Gründe. Du möchtest den Quilt gern heiß waschen und weiße Wäsche könnte vermutlich hin und wieder Vollwaschmittel (also welches mit Bleiche) vertragen, das mögen rote Stoffe eher nicht. Rot neigt auch eher zum Ausfärben und könnte das schöne Stück im schlimmsten Fall ruinieren. Mit hellem rosa hätte ich da deutlich weniger Bedenken, aber das magst Du nicht. Den von Ulli angesprochenen Champagnerton finde ich gut. Alternativ könnte ich mir auch helles grau oder blau vorstellen. Ich würde aber blassere Töne nehmen, die färben nicht so sehr aus und sehen auch nach einer Bleiche nicht furchtbar aus.
Zum Quiltmuster: Die Idee mit der Raute in Anlehnung an das frühere Kuvert finde ich gut, allerdings würde ich schauen, dass ich mich an den ausgeschnittenen Elementen orientiere. Nur Rauten um die einzelnen Elementen kann sehr gut und modern, aber auch streng aussehen. Wild gemustert? Darunter kann ich mir nicht soviel vorstellen. Ich denke es muss am Ende zusammenpassen, das kann es durchaus auch mit verschiedenen Quilt-Elementen. Hier wurden schon tolle Beispiele gezeigt und das Netz bietet noch unendlich viele weitere Inspirationsquellen, aber letztlich sollte das Ergebnis auch etwas von Dir widerspiegeln. Du wirst eine Möglichkeit finden. Wenn Du erstmal ein paar Probestücke gequiltet hast, bekommst Du ein Gespür dafür, was Dir gut und sicher von der Hand geht und auch was Dir am besten gefällt.
Ich bin auch ein Mensch, der sich vieles zutraut, wo viele gesagt hätten, dass ist gewagt, aber meist hat es gut geklappt. Bei Kleidung habe ich auch von Anfang an Schnitte geändert und im Zweifelsfall eben ein Probestück gemacht. Bei Quilts finde ich bloß genaues Arbeiten wichtig. Die Planung lässt sich wunderbar auf Papier oder auch am PC machen. Ein paar Probestücke fürs Quilting sind eine gute Übung. Bei kleineren Stücken ist das Quilten übrigens nicht so kompliziert ;). Du hast bei der quilt as you go Methode übrigens die Möglichkeit die Blöcke ein klein wenig größer zu machen und erst nach dem Quilten ordentlich passend zuzuschneiden, dann hast Du am Ende auch nach dem Quilten noch die passende Größe.
Danke übrigens für die Information zum Vlies. Dann ist das für mich natürlich keine neue Option. Ich bleibe dann wohl erstmal bei den Luna-Vliesen, die sind zwar nicht so dick, aber ich mag sie.