Also meine Eltern wohnen 30 km von Würzburg entfernt und da beginnt nun trotz der Erschütterung, was da nun schon seit fast zwei Wochen passiert ein uraltes Hin und Her geschichtlich begründet. So a la Strafe Gottes. Wahnsinn!
Das Bürgerspital wurde im 14. Jhdt. von einem Würzburger Patrizier von Sternen gegründet und die Zustimmung dem damaligen Fürstbischof abgerungen. Von Steren war der erste, der es auch durchsetzte, dass in sein Spital mit Siechtumspfründe nur einfache Leute und Bürger aufgenommen werden durften, setzte auch durch einen rechtlichen Kniff durch, dass in der dreiköpfigen Leitung kein Adeliger oder Kirchenvertreter sitzen durfte, denn die Leitung wählte die Insassen aus.
Im Rahmen der frühen Reformation war es dann der Bischof Julius von Echter, der feststellte, es fehlen Armen- und Krankenhäuser, aber auch medizinisches Personal, weil die Uni Würzburg auch in Folge der Reformation ziemlich am Boden lag. Er baute sie wieder auf und sie wurde gerade im medizinischen Bereich sehr berühmt. Von der Augenheilkunde über Röntgen, Anästhesie und vielem anderen bis zuletzt 2008 den Nobelpreis für die die Auslösung von Gebärmutterhalskrebs durch Papillonviren.
Allerdings gab es gerade beim Juliusspital eben auch üble Seiten. Zu den Liegenschaften, Gebäuden und Weingütern, die Echter für das Juliusspital kaufte, ließ er einen Judenfriedhof einebnen, obwohl er auf ewige Zeit der jüdischen Gemeinde verkauft worden war.
Natürlich wurde das Juliusspital nicht nur aus Nächstenliebe gegründet, es war eines der damals typischen Projekte der katholischen Kirche, Gläubige an sich zu binden und zum Lutherischen gewechselte zurück zu holen.
Seitdem gibt es eben immer irgendwo eine Rivalität bei den beiden Stiftungen. Das Juliusspital ist das zweitgrößte Weingut Deutschlands mit eigentlich den besten Weinlagen Würzburgs, ist auch mit einer Weintraube höher bei Gault Millau ausgezeichnet, aber die Weine des Bürgerspitals bekommen immer die höheren Spitzenwein Prämierungen, auch von Gault Millau und spielen da eben weltweit in einer anderen Liga.
Die Weinlagen sind heute immer noch die Haupteinnahmequellen der beiden Stiftungen. Auch gut zwei Drittel der Senioren in Würzburg werden in Einrichtungen der drei Spitalstiftungen, die es dort gibt, betreut.
So ist es schon ein großer Schock, was in dem einen Bürgerspitalhaus gerade passiert, aber eben trotzdem kocht unter vorgehaltener Hand diese uralte Rivalität wieder auf.
Juliusspital medizinische Fakultät, Bürgerspital besser im Bereich Geriatrie, Juliusspital eines der größten Weingüter Deutschlands, Bürgerspital eines der ältesten, Juliusspital kirchlich, Bürgerspital bürgerlich usw.
Das geht nun seit dem späten Mittelalter so.
Irgendwie verrückt!
Aktuell liegen noch fünf Bewohner dieses Bürgerspitalhauses auf der Intensivstation (übrigens in einer Klinik, die ursprünglich einmal zum Juliusspital gehörte). Das Problem ist aber auch, dass eben 23 Pflegekräfte sich mit infiziert hatten. Zwar konnte das durch das Umschichten von Pflegern aus anderen Bürgerspitalstiftungen abgefangen werden, aber die sind inzwischen am Ende ihrer Belastungsmöglichkeiten. Eventuell unterstützen jetzt Kräfte der Bundeswehr diese Haus, denn eine Evakuierung ist umstritten. Da würden wohl einige Senioren dann zwar nicht an Corona, aber an den Verlegungsstress gerade bei Dementen sterben. Außerdem will man sozusagen den Virus dort in dem Haus gefangen halten, nicht herauskommen lassen.
Irgendwie ist da die Meldung aus Rimini eine schöne, dass dort ein 101jähriger den Coronavirus überlebt hat.