Vielen herzlichen Dank für Eure wohlwollende Beurteilung. Zwischenzeitlich bin ich sogar selbst soweit gekommen, meinen Frieden gemacht zu haben und mich nicht mehr über all die vielen kleinen Imperfektionen zu ärgern, die außer mir wahrscheinlich niemand sonst wahrnimmt. Jepp, ich bin jetzt soweit, mich über das Ergebnis zu freuen. Der ultimative Maßstab, nämlich das Urteil meiner Jüngsten, wird natürlich erst am Samstag abend angelegt. Ich bin tatsächlich immer noch zu sowas wie Lampenfieber fähig.
...aber ist da etwas an mir vorbei gegangen....sind die Dinger wieder in?
Hedi, an mir geht auch so viel vorbei. Und ich bin keinesfalls sicher zu wissen, wo modemäßig die Glocken hängen. Jedenfalls habe ich keine Ahnung, ob die Dinger in sind oder nicht. Ich kann nur für mich selbst eine gewisse Vorliebe für klassisches Outfit festhalten. Und mein älterer Sohn leiht sich schon mal Manschettenknöpfe bei mir aus. Warum also sollen die jungen Damen nicht auch Freude an Klassikern haben? Jedenfalls hat die Kleine von sich aus einen Wunsch in diese Richtung geäußert. Ich habe ihr das ja nicht nahegelegt. Ob sich dahinter ein ganzer Trend verbirgt, vermag ich nicht zu sagen.
... Kannst Du das Mia Führer Buch empfehlen? ...
Licht und Schatten beim Mia Führer Büchlein ("Buch" wäre zu viel gesagt. "Heft" trifft's schon fast besser). Schöne Fotos, großartiger Appetitanreger. Die verschiedenen vorgestellten Modelle kann man nach belieben 1:1 nacharbeiten oder als Vorlage für eigene Variationen des jeweiligen Themas nehmen. Das Durchblättern macht Freude und Lust aufs Loslegen.
Andererseits ist es mit dem Büchlein so wie mit vielen hochkarätigen Kochbüchern: Grandiose Rezepte kunstvoll fotographiert, aber die Tricks und Kniffe, auf die es ankommt, stehen da nicht drin. Im Mia Führer Büchlein ging es für mich mit der Frage los, ob der Daumen rechts auf rechts oder rechts auf links in das Vorderteil eingenäht wird. Keine triviale Frage, zumal ich Lederhandschuhe beider Machart als Vorlage habe. Die Fotos sind da auch nicht immer eindeutig. Durch rumprobieren bin ich auf "rechts auf rechts" gekommen. Das aber wirft gleich die nächste Frage auf: Wie näht man "rechts auf rechts" eine vorspringede Spitze in eine zurückgesetzte Ecke? Richtig extrem in dieser Hinsicht ist die Nahtzahl 2 beim Einnähen des Daumens in das Handschuhinnenteil. Kein Text dazu. Das Bild gibt auch nichts her. Und die Lösung dieser Aufgabe ist schier zum verzweifeln. Beim renomierten Handschuhhersteller Roeckl hat man dieses Problem durch Rundung statt Ecke entschärft. Nicht so im Mia Führer Schnitt. Das ist Hardcore. Und Mia Führer nimmt den Leser bei solchen und ähnlichen Dingen nicht an die Hand.
Ein Vorzug des Selbernähens liegt ja darin, dass man den Schnitt nach belieben anpassen kann. Aber auch hierzu gibt's keine Hilfestellung. Bei den Fingern ist es ja noch einfach, weil man die einfach auflegen kann. Aber was ist mit dem Daumen? In der Beuge zwischen Daumen und Zeigefinger befindet sich ein Teil, was nicht zum Daumenteil sondern zum Inneteil gehört. Von wo bis wo also muss man messen, um einer bestimmten Daumenlänge gerecht zu werden? Büchlein und Schnittmuster geben keinen Anhaltspunkt. Ich habe mir mit einem von meinen Handschuhen beholfen, den ausgemessen und als Vorlage für eine Schnittmusteranpassung genommen.
Schlussfolgerung meiner kurzen Rezension: Schöner Ideengeber, und als solchen möchte ich das Büchlein nicht missen. Wer aber ein "How To?" sucht, kommt allein mit diesem Büchlein an den schwierigen Stellen nicht weiter.
... Hast Du irrgendwelche "Tricks" entdeckt oder angewendet ... so als Tipp für weitere Irre(hihi) die das mal angehen wollen?
- Der erste und wichtigste Tipp für Irre wäre sich einzugestehen, dass man irre ist. Anders steht man ein solches Projekt kaum durch. Hiermit gestehe ich öffentlich ein: Ich bin irre, und habe Spaß beim Handschuhnähen.
- Der zweitwichtigste Tipp meiner Hitliste ist die Verwendung von 3mm schmalem doppelseitigen Klebeband. Kann man für kleine Münze bei Ih-Bäh schießen, und ist die Lösung für fast alle Problemfälle. Ohne dieses Zeugs kann man die Lederteile noch so akurat aufeinanderlegen, und doch verschiebt sich irgendwas immer. Man muss nur aufpassen, dass man nicht auf der Naht, sondern knapp daneben klebt, denn nähen durch das Klebeband hindurch führt zu unschönen Verklebungen der Nadel mit folgenden Fehlstichen.
- Das Leder sollte nicht mehr als 0,7mm Stärke haben. Die Stärke allein macht es aber nicht. Es muss außerdem vom Typ "weich fallend" sein. Beim Kauf kommt man wohl kaum um eine Beratung herum, und sei es nur wie in meinem Fall auf telefonischem Weg.
- Ledernadeln sind overkill. Sie erzeugen unschöne und übermäßig große Löcher. Als Schisser habe ich mit einer 90er Jeans-Nadel genäht. Eine 80er Universal tut's aber wahrscheinlich auch.
- Die Dame im örtlichen Kurzwarenladen wollte mir Garn Typ "Extra Stark" ans Herz legen. Ich bin froh es nicht genommen zu haben. Genäht habe ich mit Gütermann Allesnäher und denke, dass das Ergebnis in Ordnung ist.
- Mia Führer empfielt einen kurzen feinen Stich. Im Gegensatz dazu hatte mir die freundliche Dame vom Lederversand Berlin telefonisch mitgegeben, einen nicht zu kurzen Stich zu wählen. Ich bin letzterem gefolgt und froh darum. Gewählte 2mm kommen im Ergebnis schon sehr fein rüber und sind im Fall der Fälle gerade eben noch auftrennbar, ohne unlautere Mittel einsetzen zu müssen.
- Ein weiterer Hinweis wäre noch, dass die Arbeitsreihenfolge bei Mia Führer in einem Punkte etwas unglücklich gewählt ist. So zumindest meine sehr private Meinung. Nachdem der Daumen ins Innenteil eingenäht ist, schlägt sie vor, die Fingerseitenteile an die Finger eben dieses Innenteils anzunähen. Kann man machen, führt aber zu Schwierigkeiten beim späteren Aufnähen des Rückenteils. Die Einschnitte zwischen den Fingern des Rückenteils sind nämlich tiefer als diejenigen des Innenteils. Das vorbereitete Innenteil ist also ziemlich im Weg, wenn es dann später um die Nähte am Einschnitt-Ende zwischen den Fingern des Rückenteils geht. Umgekehrt wäre es einfacher, wenn man also die Fingerseitenteile zuerst ans Rückenteil näht und dann das solchermaßen vorbereitete Rückenteil mit dem Innenteil verheiratet. Auf diese Weise kommt man immer bis zum Einschnittende, ohne dass das Einschnittende durch irgendwas abgedeckt wäre.
Soweit von meiner Seite für Leute, die irre genug sind, es selbst zu versuchen.
Liebe Grüße,
Stefan