Martin...
...was meinst Du zur Frage von Dirk in Post #16 betreffend Reinigung mit Petrol wie Pfaff das im technischen Handbuch vorschlägt?...meine Erfahrungen damit sind eher negativ...
Gruss aus der Schweiz
Stefan
Bei rein mechanischen Nähmaschinen verwende ich noch Petroleum, allerdings selten, vor allem wenn das ganze Innenleben verharzt ist.
Aber neben dem extremen Geruch ist auch die nachträgliche Entsorgung zunehmend schwieriger. Es gibt mittlerweile andere Varianten, zudem sich Petroleum und viele Kunststoffe eh nicht so gut vertragen.
Und ganz am Rande, kurz vor OT:
Die Empfehlung die Pfaff und fast alle anderen Hersteller bis in die 60er Jahre gaben, die Maschinen mit Petroleum zu reinigen hat einfach einen historischen Hintergrund.
Während die Aussenseite einer Nähmaschine zwar lackiert, emailliert und ähnliches war, sind die inneren Werte aus blankem Metall gefertigt. Und da die ersten Nähmaschinen aus den USA per Schiff kamen,
teilweise sogar demontiert (siehe Georg Neidlinger, damals größter Singer-Importeur) ankamen, mußten sie auf irgendeine Weise gegen Korrosion, Seewasser etc. geschützt werden, die Lösung hieß Fett.
Also alle zu transportierenden Nähmaschinen wurden richtig mit Fett eingesprüht. Um dieses wieder abzubekommen wurden sie mit Petroleum gespült und anschliessend mit Weisöl durchgeölt.
Teile dieses Aufbereitens, also das Entfetten und Ölen, Einnähen und Einstellen war dann Aufgabe der Nähmaschinenhändler vor Ort.
Ein weiterer Grund für die Säuberung der Nähmaschinen mit Petroleum war dann die Erfahrung der Hersteller, das trotz aller Hinweise keine Leinöle, Raps- und Rübenöle zu benutzen eben genau diese
vor allem in ländlichen Gebieten ständig verfügbar waren. Während die mineralischen Öle und Spezialöle (Weisöl, Nähmaschinenöl) nur für recht teures Geld zu kaufen waren.
Mit Petroleum liessen sich die zwangsläufigen Verharzungen und Verklebungen durch die Rübenöle recht leicht wieder beseitigen, WD40, Caramba und Co waren damals noch nicht erfunden.
Um die Jahrhundertwende (1900) wiederum hatten die hiesigen Nähmaschinenhersteller soviel Professionalität und Entwicklung in die Nähmaschine gesteckt, das die Nähmaschinen "made in Germany" der Verkaufsschlager für das Exportgeschäft wurden.
Gerade Gritzner, Pfaff, Adler, Dürkopp und andere hatten bis in die 50er Jahre zum Teil einen größeren Export- als Inlandanteil im Verkauf. Mitte der 60er Jahre wurden die Nähmaschinen leichter, Plastik und Alu, und damit hatte sich die Verwendung von
Petroleum als Reinigungsmittel überlebt. Überseecontainer und andere Verpackungsmittel taten ein übriges dazu, das die Maschinen doch weitgehendst Seewasser geschützt ihre Reise antreten konnten.
Das Ironische daran ist, daß wir die oben beschriebene Entwicklung im Schnelldurchgang bei Maschinenbauprodukten aus China beobachten können, ob nachgebaute Adler/Singer Overlocks, oder Blechbearbeitungsmaschinen, vieles kommt mit einer dicken Fettschicht gegen Rost hier in Europa an und Ironie Teil II lässt sich mit Petrol am einfachsten reinigen. Geschichte wiederholt sich