Das ist ja mal ein Zufall...
Ich habe gestern abend für eins meiner Kinder etwas zusammengepackt, da ab heute im Kunstunterricht (3.Klasse) das Thema 'von der Raupe zur Seide' behandelt wird.
Ich muss vorausschicken, dass mein Mann im Schatten der Gütermann-Fabrik aufgewachsen ist (nämlich im Nachbarort).
Seine Mutter und sein Großvater sind/waren Schneider und Gütermann war das Garn, das verarbeitet wurde (allerdings gab es durch die Handelsvertreter, die damals unterwegs waren auch ein bisschen Amann ;)).
Meine Schwiegermutter ist ein ganz besonders lieber Mensch und hat mir für die Schulklasse ein paar Sachen zur Verfügung gestellt, die ich gerade schnell abfotografiert habe und die ich Euch zeigen will:
Die Buchseiten stammen aus dem Buch '100 Jahre Gütermann' und aus dem Text geht hervor, dass die Gründung des Unternehmens 1864 erfolgte (ich korrigiere jetzt einfach mal Deine Zahl um drei Jahre, Anne).
Das Buch selbst hat meine Schwiegermutter bei einer Werksbesichtigung während ihrer Ausbildung geschenkt bekommen
BilderBuch.jpg
Auf Bild zwei seht Ihr das Buch von außen sowie ein paar Kartönchen mit Knopfloch-Seide (in den leuchtenden Farben violett und rosa - ganz grell, das kommt auf dem Foto gar nicht rüber)
In jedem Karton befinden sich 12 Papierröllchen und im Buch ist zu lesen, dass Gütermann diese Pappröllchen erst eingeführt hat).
Fußnote:
Gütermann war es auch, die die Lauflänge eingeführt haben.
Zuvor wurde nach Gewicht verkauft und durch Zusätze beim Färbeprozeß gab es hier Gewichtssteigerungen bis zu 100% - erst die Meterangabe machte dem Verbraucher das Produkt vergleichbar
Knopflochseide.jpg
Und jetzt schaut mal, was in jedem Karton zu finden ist - ich finde das ja total süß:
Schachteln.jpg
Hier noch ein Bild aus dem Buch.
Gütermann hatte ja nicht nur um 2008 unruhige Zeiten, sondern musste schon früher (in diesem Fall nach der Inflation und der Währungsreform in den 1920ern).
Zu Zeiten der Inflation kostete eine Rolle Ideal-Nähseide im Einzelhandel zwischen 200 und 250 Milliarden Mark !!!
Mit dieser Werbung (die ganz oben) versuchte man den Preis dem Endverbraucher mitzuteilen um so die Zwischenstationen ebenfalls an die neue Preispolitik anzupassen.
Gütermann10Pf.jpg
Ich sag Euch, das Buch liest sich so gut - ich habe das gestern abend sehr genossen.
Was in dem Film stellenweise angedeutet wird, hat mich beim lesen unglaublich beeindruckt.
Wir sprechen von einem Unternehmen aus dem 19. und frühen 20 Jh. (das Buch stammt ja aus 1964) und die Maßnahmen für die Mitarbeiter waren dermaßen fortschrittlich:
- Wägen fuhren morgens und abends die Arbeiter zur Fabrik/zurück nach Hause
- Mädchenheim (damals war es undenkbar, als junge Frau sich irgendwo einzumieten, stattdessen gab es dieses Heim, in dem die Versorgung und Unterkunft gewährleistet waren)
- Milch vom eigenen Bauernhof, verrechnet mit dem Gehalt
- ein eigenes Krankenhaus
- eine eigene Hebamme
- die Betreuung der Säuglinge und Kinder
- die Pension
- das Wasserkraftwerk
usw.
Sorry, wenn das jetzt ein bisschen überfallartig kommt, aber ich bin wirklich ein treuer Anhänger von Gütermann, einfach weil die räumliche und emotionale Nähe gegeben ist (man kennt ja seine Nachbarn, die dort arbeiten/gearbeitet haben).