Marion, Du schreibst mir von der Seele das, womit ich tagtäglich zu tun habe. Solche Geschichte höre ich oft. Immer, wenn die Eltern eine Berufswahl gegen Vorlieben oder Wünsche der Kindern durchgesetzt haben, tragen das die Kinder ihr ganzes Leben mit sich.
Das Gleiche war bei meiner Mutter. Auch sie wollte eine Tierärztin werden. Ihre ganze Kindheit hat sie irgendwelche halbtote Viecher angeschleppt und die versorgt. Aber nein, sie sollte was solides werden, ein Ingenieur. Sie leidet immer noch, schon längst in der Rente, darüber. Oder meine Freundin. Aber wie gesagt, ich höre die Geschichten auch beruflich häufig.
Nicht auszudenken, was wäre, wenn ich auf meinen Vater gehört hätte. Ich sollte nämlich Marxismus-Leninismus studieren. Das ist doch was solides und da hast du bis zur Rente ausgesort. Was, Psychologie? Ist doch alles nur Gelabere. Ein guter sozialistischer Bürger braucht doch keinen Psychologen. Nun bin ch dort, wo ich bin. Weil ich damals auf ihn nicht gehört habe.
Ich werte hier die Eltern nicht ab. Sie meinen es gut. Ich wüsste selbst nicht, wie ich reagiert hätte, wenn mein Sohn zu mir käme mit dem Wunsch, ich weiß nicht... Mir fällt echt schwer, einen Beruf zu finden, mit dem ich ein Problem hätte. Wahrscheinlich nur, wenn es gesagt hätte, er würde ein freischaffender Künstler werden wollen Ich habe auch jetzt Bauchschmerzen. Er will Medizin studieren. Er wird kein gutes Abi machen. Auch sein Lernverhalten spricht nicht dafür. Selbst, wenn er einen Studiumsplatz kriegen würde, weiß ich nicht, ob es bei ihm funktionieren wird. Aber er wird ein FSJ in einem Krankengaus machen und dann schauen wir weiter.
Aber völlig was anderes, sind Vorstellungen der Kinder vom zukünftigen Beruf. Und deren Motive. Ich finde, es gehört unbedingt ein Praktikum dazu. Die Wünsche sind häufig unrealistisch, völlig verdreht. Ich will viel Geld verdienen. Schickes Auto fahren. Auf den Modeschaus unterwegs sein. Leben retten. Und da können die Eltern unter die Arme greifen. Und wenn die Kinder danach immer noch sagen, ja, ich will es, es ist mein Traum mit allem was dazu gehört, dann ja. Dannsollten die Eltern es unterstützen.