Nachdem ich im Quiltbereich diesen Weißquilt gesehen habe, war es um mich geschehen, nur meine Schere will einfach nicht losschneiden.
Irgendwie habe ich Hemmungen, so schöne große teils uralte Stücke für einen Quilt kleinzuschneiden.
Ich habe leider keine kleinen Stücke mehr, denn die sind schon alle aufgebraucht. Ich nähte früher daraus in dem Stil, den man heute Crazy Quilt nennt, Tops. Wenn man im Sommer braun war und an manchen Stellen waren dann Spitzenstücke, man sah die Haut durch, das sah super aus und ich wurde auch immer darauf angesprochen.
Irgendwie habe ich Hemmungen, große, so alte Teile zu zerschneiden. Bei den Bettlaken nicht, aber das ist zu wenig. Da gibt es etwas glattere und etwas gröbere und das wars. Nur bei den schönen Stoffen kann ich einfach nicht reinschneiden, weil ich immer das Gefühl habe, ich mache sie kaputt oder man könnte sie als Ganzes verwenden. Vor allem von den alten handgemachten Spitzen, da habe ich eine komplette Schneidehemmung. Diese unglaubliche Arbeit! Da kann man doch nicht einfach reinschneiden.
Mein Patenonkel arbeitete in der oberfänkischen Textilindustrie und damit habe ich ganz viele Meterware Baumwolle, Leinen, Gemische (kein Kunststoff dabei) geerbt. Teils mit Mustern, teils glatte, teils grobe, dann wieder ganz feine. Die Stoffe sind aus den 30er - Mitte der 80er Jahre. Meine Patentante, die selber viel nähte, hat sie nämlich auch gehortet. In dem großen Haus ist das nur nicht so aufgefallen.
Aus einem anderen Familienzweig gab es eine "verrückte Nudel" - früher schwarzes Schaf genannt, die als junge Erwachsene ausriss, weil sie nicht den ihr zugedachten Mann aus guter Familie heiraten wollte, dann in England in Adelsfamilien Kinder unterrichtete, etc. Von ihr sind auch jede Menge alte Bettwäsche mit Spitzen, Spitzen, die wohl auch teilweise sie gemacht hat und Tischwäsche vorhanden. Da sind wir jetzt so in den 1890-1920er Jahren.
Meine Patentante machte daraus Bettwäsche, Tischwäsche, auch Vorhänge/Gardinen. Der Haken an der Sache: die Tischwäsche von ihr verwende ich heute selbst und das ist eigentlich genug. So zwei/drei habe ich mir noch gemacht, aber ich habe nun wirklich genug. Dann noch ein paar für meine Mutter. Auch wenn ich hoffe, dass es noch lange hin ist: Eines Tages erbe ich sie, sprich dann habe ich noch mehr.
Bettwäsche geht nicht, denn wir haben 155cm breite Zudecken. Ich habe auch schon Bettwäschen genäht. Sozusagen mit breiter "Mittelnaht". Also nicht links und rechts eine Naht, sondern den nicht gemusterten Stoff gefaltet links und rechts auf 1,55 m gelegt, was dann in der Mitte frei war, habe ich gemustertes Stück eingenäht, bzw. einmal eines mit Biesen. Sieht wunderbar aus, nur diese Mittelstück hat man natürlich auch auf der Innenseite und da wäre es nahtfrei schon schöner. Auch die Verlängerung rechts und links, also Mitte glatt und am Rand die Verlängerung, war nicht viel besser.
Vorhänge/Gardinen mag ich eigentlich nicht. Ich habe nur in meinem Handarbeitszimmer die alte Filetstickereidecken meiner Patentante als Vorhang. Wenn ich mir vorstelle, dass sie jeden Knoten von der Decke selbst geknüpft hat und als sie dann das Knotengewebe hatte, es noch ausstickte. Da hätte ich mindestens drei Leben dafür gebraucht, bei ihr waren das nicht mal zwei Monate. Nicht nur von ihr, sondern auch von anderen Vorfahrinnen habe ich Meter von Filethäkelspitzen und in Weißstickerei.
Ein paar alte Spitzen konnte ich an die Bretter von einem antiken Schrank und einer alten Glasvitrine, auch Erbstücke meiner Familie, anbringen. Das sind die antiken Hingucker, sonst bin ich modern eingerichtet.
Ah, mir fällt noch ein, aus einem alten, sehr dreben Leinen habe ich mit einen ganz legeren Sommermantel genäht und ihn verrückt gefärbt.
Bin ich zu emotional? Warum schaffe ich es nicht, mir zu sagen, lieber zerschnitten einen schönen Weißquilt mit alten Familienerbstücken auf deinem Bett, das du täglich siehst, als ordentlich zusammengefaltet in einem Schrank aufgestapelt. Dort liegen sie doch eigentlich nur dumm herum. Wenn ich mir vorstelle, das sind nun auch schon wieder über 20 Jahre. Ich öffne den Schrank und bestaune die Stücke, aber das ist doch eigentlich auch Irrsinn.
Vielleicht fällt euch noch etwas ein wofür man größere Stücke verwenden kann? Oder doch endlich Augen zu und losschneiden für einen Weißquilt?