Man(n) stopft Socken nicht. Es lohnt nicht die Arbeit, und ausserdem sind Socken seit -zig Jahren spottbillig, sehr haltbar und dazu billig.
Ich muss zugegeben, seit ich eine Bernina habe, stopfe ich wieder Socken. Früher in den 1960er und anfangs-1970er Jahren habe ich das gemacht, als bettelarmer Hilfsarbeiter, mit dickem mehrfädigem Stopfgarn und einer Stopfnadel auf einer durchgebrannten Glühbirne als Stopf-Ei. Heute mit einem angepassten 285er Stopffuß auf der 1020 (vollmechanisch, aktuelles Modell heisst 1008 und kostet 1200 Euro) und natürlich nur an Stücken, die sich lohnen, also aus strukturellen Gründen an einer beim Ziehen belasteten Stelle aufgerissen sind, nicht welche, die fadenscheinig oder an der Schuhspitze innen durchgewetzt sind.
Zuerst kam eine Enttäuschung. Der Stopffuß sah aus, als ob er auch toll zum Knöpfe annähen sein könnte, federnd und das Öhr unten sollte groß genug sein, um die Löcher für den Faden frei zu lassen.
Ist aber nicht toll. Er ist kürzer als alle anderen Füßchen und kommt nicht mal bis auf die Dicke eines Hemdknopfes runter an den Stoff. Ich werde wohl weiter die Knöpfe mit einer spitzen Elektrikerzange drunterhalten und ausrichten müssen, bis ich das normale Zickzackfüßchen drauf runterlasse. Oder ich probiere mal den Trick, sie mit dem Pritt-Klebestift zum Nähen einfach anzukleben.
[Staun] Wieso kann ich dann mit dem Stopffuß stopfen, wenn er den Stoff gar nicht festhält? Nun, ich stellte fest, er bewegt sich beim Nähen weiter nach unten?!
Die Füßchenstangenfrage musste geklärt werden. Ich ging erstmal an meine Singer 401G und an meine Pfaff 230. Sie benehmen sich so, wie ich es von ehrlichen Nähmaschinenfüßchenstangen erwarte: Lifterhebel oben, Füßchen oben. Lifterhebel unten, Füßchen unten, basta.
Was macht die Bernina da?! Genauer betrachtet und zu Untersuchungszwecken den Stofftransport eingeschaltet (was zum Arbeiten kontraproduktiv ist, wenn ein Stopffuß eingesetzt ist), und Lifterhebel ist nähbereit unten.
a.) Nadel ist, wie immer beim Nähanfang, oben. Transporteurzähnchen sind zugriffsbereit aus der Stichplatte rausgekommen. Stopffuß ist ein Stück runtergekommen und schwebt zwei Hemdknopfdicken über dem Stoff, obwohl ausgefedert. Federdruck deshalb auch sehr leicht.
b.) Nadel bewegt sich runter. Wir betrachten die Szene bis zu dem Punkt, bevor sie den Stoff berührt. Zähnchen gehen nach hinten und würden, mit einem normalen Nähfuß, den Stoff transportieren. Füßchenstange bleibt aber an dem Punkt auf halber Strecke, wo sie auch im Stadium "a" war .
c.) Nadel durchstößt den Stoff und verschwindet mit dem Öhr in der Stichplatte bis zum tiefsten Punkt. Transporteurzähnchen sind unter der Oberfläche verschwunden. Füßchenstange geht währenddessen zu Ende runter und das Füßchen übt einen beträchtlich höheren Druck aus.
d.) Nadel kommt wieder raus. Bevor sie die letzten ca. anderthalb Zentimeter bis zu ihrem höchsten Punkt zurücklegt, kommen auch die Transporteurzähnchen wieder raus.
e.) Nadel geht den letzten ca. halben Zentimeter, wenn überhaupt so viel, hoch. In diesem Moment geht die Füßchenstange wieder ein Stück nach oben und übt, wie gehabt, beträchtlich weniger Druck auf den Stoff aus. Endzustand, nächster Stich kann beginnen.
Der Stopffuß wird bei meiner Beschreibung erwähnt, weil er kürzer ist. Sonst wäre mir das Verhalten der Maschine gar nicht aufgefallen. Bei jedem normalen Fuß sieht man genau nichts von dem Vorgang, weil er immer unten bleibt und federnd auf den Stoff drückt. Ich habe den Zickzackfuß Nr. 0 eingespannt und ein Stück Fingerkuppe vom kleinen Finger ein Stück unter das vordere Ende, das ja bogenförmig hochgeht, geklemmt. Auch hier lässt sich Stadium c.) erkennen, denn der Druck wird erheblich höher, wenn die Nadel unter der Stichplatte verschwindet.
Kennt das jemand? Wofür ist das? Ist meine Vermutung richtig, daß bei meiner Bernina 1020 der Füßchendruck für den Transport vermindert, für den Einstich der Nadel erhöht wird? Will man mit dem festeren Griff verhindern, dass der Stoff durch das Stichloch bzw. den Stich-Schlitz "gefressen" werden kann? Gibt der Bernina-Transportmechanismus nach, um die Höhe auszugleichen, um die die Transportzähnchen herauskommen, wenn sie herauskommen? Haben das alle Bernina (seit welchem Modell?)? Gibt es das auch bei anderen Nähmaschinen? Ist das der Grund dafür, dass eine so teure Maschine wie die Bernina keinen verstellbaren Füßchendruck zum Verarbeiten von feinen Stoffen und Maschenware hat?