Liebe Hobbynäher!
Ich merke, dass ich manchmal einen Knoten in mein Hirn mache und wollte Euch darum fragen, wie es Euch damit geht. Ich muss leider etwas weiter ausholen:
Schon als Jugendliche habe ich gerne Dinge mit der Hand hergestellt. Figuren aus Modelliermasse, Blumensträuße aus Tauchlack (ich bin ja UHU), Collagen, Bilder, Pullover, Kleidung usw. usw. Je nachdem, in welcher "Phase" ich gerade war, überschwemmte ich unseren Haushalt mit meiner Produktion. Wenn meine Mutter nur noch stöhnte "wo soll ich denn damit noch hin", wurden Geschenke für andere draus. Eigentlich hatte ich mit meinem Tun kein Ziel. Ich machte das nicht, um ein Geschenkt herzustellen oder ein Ding zum Aufstellen. Ich wollte einfach nur machen. Weil es mir guttat. Aber ich kam immer an einen Punkt, wo mich der Gedanke "das braucht doch kein Mensch, das ist zu nix gut" davon abhielt einfach weiter zu "machen".
Jetzt habe ich seit fast einem Jahr meine Nähma. Eigentlich wollte ich Kleidung nähen. Das gute daran: Die Frage "wozu braucht man das" ist leicht zu beantworten. Aber mich trieb es zu den Quilts hin. Patchwork und Quilten sind zur Zeit meine Leidenschaft. Dabei schwitze ich immer und brauche keine Decken. Und eine Bettdecke habe ich auch. Manchmal zeige ich Freunden etwas Gequiltetes und die erste Frage lautet meistens: "Was macht man damit?" oder "Wozu braucht man das?" Als ich kürzlich im Quiltladen stand, kam eine Frau herein und sah sich die Stoffe an. Dann fragte sie die Inhaberin: "Was macht man mit diesen Stoffen?" Die Inhaberin zeigte auf die Quilts an den Wänden. "So etwas." Die Kundin fragte: "Und was macht man damit?" Die Inhaberin gab ein paar Beispiele, aber die Kundin war nicht überzeugt. "Dafür habe ich keine Verwendung," sagte sie. "Es kann ihrer Seele gut tun Quilts zu machen," versuchte es die Inhaberin nochmal. Die Kundin krauste die Stirn und verließ den Laden.
Ich merke, das auch in mir immer mal wieder der Gedanke "wozu braucht man das schon", "wozu soll das gut sein" den Energiehahn abdrehen will oder mir die Freude am "machen" nimmt.
Natürlich lassen sich leicht Lösungen finden. Man kann Quilts spenden. Ich könnte alle sammeln und dann am Ende des Jahres für unsere Kirchengemeinde auf dem Weihnachtsmarkt verkaufen. Oder ich stelle nur noch Geschenke her. Ich könnte ein Gewerbe anmelden und einen Dewanda Shop eröffnen und hätte das offenbar für alle Menschen unschlagbare Argument "Ich verkaufe das". Geld verdienen zu wollen scheint die beste Begründung überhaupt zu sein. Das verstehen alle sofort.
Oder ich belasse es erstmal bei "das tut mir sehr gut" und alles weitere überlege ich mir, wenn wir unter Quilts ersticken. Das ist zur Zeit mein Plan.
Mich würde wirklich sehr interessieren, wie Ihr damit umgeht. Ist es leichter, Kleidung für Eure Kinder zu nähen, weil die die brauchen, als "nur" für Euch? Fragen Euch Leute auch, warum und wozu ihr so etwas macht? Und wie fühlt Ihr Euch dann? Fällt es Euch leicht, etwas "nur" weil es Euch gut tut und "nur so" so tun? Ohne höheren oder finanziellen Zweck? Oder nagt das an Euch? Und wie geht Ihr dann damit um?
Über Eure Gedanke würde ich mich riesig freuen!
Eure Birgitt