Hallo,
da immer wieder viele Fragen zum Umgang mit Overlocks, und hier eben auch der baby lock Maschinen auftauchen, dachte ich, ich stelle auch hier einmal einen Bericht über das von baby lock in Mühlau angebotene Seminar "Lernen Sie Ihre Overlock richtig kennen" ein.
Vorab dies: Ich habe keine Sekunde bereut, den Kurs im Sommer 2013 besucht zu haben! Aber lest selbst, wie es mir erging :).
1. Die Rahmenbedingungen:
Der Kurs umfasst zwei Tage, und fand im Gewerbegebiet in Mühlau / Sachsen, knapp 20 km von Chemnitz entfernt, statt. Die Kursgebühr beträgt aktuell immer noch 150,00 Euro.
Im Gewerbegebiet Mühlau gab es nur Gewerbebetriebe, und in Fußweite eine Tanke für Verpflegungs-Einkäufe oder einen bescheidenen Mittagstisch.
Die Teilnehmer, die nicht aus der Umgebung anreisten, konnten zu leicht vergünstigten Konditionen im Hotel Lay Haus im etwa 6 km entfernten Limbach-Oberfrohna übernachten.
Kursteilnehmer, die mit der Bahn anreisen, müssen einkalkulieren, dass sie vom Hotel ins Gewerbegebiet gelangen müssen. Da dies mit dem Öffentlichen Nahverkehr entweder nicht oder nur auf sehr umständliche Weise möglich war, blieb nur das Taxi - die Kosten für eine Taxifahrt schlugen mit circa 12,00 Euro zu Buche - ich konnte mit einer weiteren TN eine Fahrgemeinschaft bilden, und so die Taxikosten halbieren.
Das Hotel Lay Haus
Für eine Übernachtung im Hotel Lay Haus habe ich 46,00 Euro bezahlt, Frühstück war nicht inbegriffen, kommt also zum Übernachtungspreis hinzu. Die Zimmer im Lay Haus sind einfach, aber sauber und ansprechend, mit einem vernünftig ausgestatteten, kleinen Bad. Das (Abend) Essen im Restaurant des Hotels war empfehlenswert und sehr lecker!
Selbstverständlich steht es jedem Kursteilnehmer frei, sich individuelle Übernachtungs-Lösungen zu suchen.
Mittagstisch
Einen organisierten Mittagstisch, den ich als solchen bezeichnen würde, gab es seitens baby lock nicht. Wer Hunger hatte, ging in der Pause zur Tankstelle, und wählte aus dem Angebot dort etwas aus. Die Tankstelle hatte eine heisse Theke, an der es ein Mittagsgericht, ausserdem Soljanka, Wiener- oder Currywurst, belegte Brötchen und Frikadellen gab.
Für Getränke - Wasser und auf Nachfrage auch Kaffee - war seitens baby lock gesorgt.
Die Kurs - Räumlichkeiten
Der Kurs fand in einem Büro/Geschäftsgebäude im 2. Obergeschoss in einem Raum mit Arbeitstischen und Bürostühlen statt. Jedem Teilnehmer wurde, wenn möglich, die Maschine zur Verfügung gestellt, die er entweder selbst bereits besitzt, oder zu kaufen gedenkt.
2. Der Ablauf
Der erste Seminartag startete um 10:00 Uhr. Die Teilnehmerzahl ist auf sechs begrenzt, wir waren zu viert, was eine angenehme Gruppengröße darstellt. Die Begrenzung auf sechs Teilnehmer finde ich sehr sinnvoll, so ist ausreichend Zeit für individuelle Fragen.
Der Kurs richtet sich vornehmlich an Overlock-Anfänger, und so waren in meinem Kurs tatsächlich alle vier Teilnehmerinnen vollkommen unerfahren in Sachen Overlock / Coverlock / Covermaschine, hatten sich also entweder gerade erst eine babylock Maschine gekauft, oder waren noch unschlüssig, und wollten daher den Kurs als Entscheidungsgrundlage für den Maschinenkauf nutzen.
Berührungsängste kamen jedoch gar nicht erst auf, denn es ging gleich zügig in medias res - jeder Teilnehmer bekam "seine" Maschine, ausserdem einen Arbeitshefter, Kugelschreiber, eine Schere und als kleines Goodie ein baby lock Metermaß in Form eines Schlüsselanhängers, und los ging´s!
Der Arbeitshefter diente gleichzeitig als Programmheft, das den Unterricht gliedert. Er enthält die Skizzen, die Ihr auch aus den Bedienungsanleitungen Eurer Maschinen kennen dürftet, darunter freier Raum für Notizen und Arbeitsproben.
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Schritt für Schritt werden abgehandelt:
--> 4-Faden Overlock
--> 3-Faden Overlock breit
--> 3-Faden Overlock schmal
--> 3-Faden Overlock Rollnaht
--> 3-Faden Overlock Rollsaum
--> 2-Faden Overlock Flatlock schmal
--> 3-Faden Flatlock schmal
--> 2-Faden Flatlock breit
--> 2-Faden Wollstich
--> 3-Faden Wellenstich
--> 3-Faden Wellenstich Rollsaumkante
--> 3-Faden Wellenstich Flachnaht
--> 2-Faden Picot Stich
--> 5-Faden Safety Naht (Coverlock)
--> Kettenstich linke / mittlere / rechte Nadel (Coverlock)
--> Coverstich schmal linke Nadel (Coverlock)
--> Coverstich schmal rechte Nadel (Coverlock)
--> 3 fach Coverstich (Coverlock)
--> Coverstich breit (Coverlock)
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Einfädeln, Einstellungen, Probleme, Anwendungsmöglichkeiten und -grenzen wurden zu jedem Stich erklärt, Gestaltungsmöglichkeiten und Garnvariationen erläutert, und konnten mithilfe kleiner Stoffstücke verschiedener Qualitäten und unterschiedlichen Garnen selbst ausprobiert und eingeübt werden. Die Stoffstücke wurden dann zu den jeweiligen Kapiteln in den Arbeitshefter geklebt, so dass eine Art Musterbuch entstand.
Wir stürzten uns mit Feuereifer in die Arbeit, machten dabei die typischen Anfängerfehler - ich sage nur: Füsschen runter! , und hatten so diverse, sehr erleuchtende AHA-Erlebnisse.
Nicht jede Maschine bietet jede Möglichkeit - wer beispielsweise eine Enlighten hat, machte Pause, sobald die Covernähte anstanden, und konnte währenddessen anderen Teilnehmern, die an einer Coverlock arbeiteten, über die Schulter schauen.
Die Seminarleiterin, Frau Steiger, ging insbesondere am ersten Tag immer wieder zu jedem Kursteilnehmer, und kappte mit einem breiten Grinsen die Fäden, damit das Einfädeln vielfach neu vorgenommen werden musste - eben so lange, bis es zur Selbstverständlichkeit wurde. Die beliebte "wir knoten einfach den neuen an den alten Faden" - Variante wird hier nicht gepflegt, Frau Steiger legt Wert darauf, dass jeder in der Lage ist, die eigene Maschine problemlos selbst neu einfädeln und überblicken zu können, wo Fehlerquellen liegen könnten, wenn etwas nicht klappt. Das fand ich prima, und sehr hilfreich.
Für Fragen war jederzeit Raum, wer Hilfe brauchte, bekam diese, jedoch achtete Frau Steiger konsequent darauf, den Kursteilnehmern keine Arbeit abzunehmen - jeder sollte jeden Schritt selbst durchführen können, um auch tatsächlich die eigene Maschine bestmöglich praktisch und haptisch kennen zu lernen. Das braucht natürlich Zeit, und so geht es in diesem Kurs dann auch tatsächlich nicht darum, ein ambitioniertes Projekt fertig zu stellen, sondern mit „seiner“ Maschine vertraut zu werden.
Der erste Tag endete gegen 18 Uhr, unterbrochen lediglich von einer Mittagspause, und wir traten müde und mit jeder Menge Anregungen den Heimweg an.
Der zweite Seminartag umfaßte Vorstellung und Test/Ausprobieren der Sonderfüße, die baby lock anbietet. Vorgestellt und getestet wurden
Perlen- und Paillettenfuß
Gummibandfuß / Perlonschnurfuß
Blindstichfuß
Paspelfuß
Kräuselfuß
Spitzenfuß
Diese konnten neben Garnen von baby lock, Nadeln und weiterem Zubehör wie Auffangbehälter, Trolley, Anschiebetisch oder Matte beispielsweise im Anschluss auf Wunsch auch direkt gekauft werden. Hierbei sollte man mit Rücksicht auf das eigene Budget im Hinterkopf behalten, dass die Preise unter Umständen über denjenigen im Handel liegen können.
Jede bekam nach und nach die Füße zu „ihrer“ Maschine ausgehändigt, konnte diese in die Maschine einklicken, und nach einer kurzen Demonstration von Frau Steiger selbst ausprobieren, was sich damit Feines anstellen lässt.
Gekauft habe ich übrigens mit Rücksicht auf mein durch den Maschinenkauf etwas malträtiertes Budget „nur“ den Standard-Klarsichtfuß und, neben ein paar interessanten Garnen, den Abfallbehälter, den ich sehr praktisch finde, da die Maschine darauf gut steht, und man die Abfälle, die beim Overlocken ja durchaus üppig anfallen, gleich sauber entsorgen kann.
Wer noch Fragen hatte, konnte diese im Anschluß an die "Füsseleien" stellen, damit war Tag 2 des Kurses abgeschlossen, und alle traten die Heimreise an.
Frau Steiger hatte eine freundlich-verbindliche und für mich sehr angenehme Art, den Kurs zu leiten. Sie nahm den Kursteilnehmern jedwede Berührungsangst - keine der Teilnehmerinnen hatte meiner Wahrnehmung nach trotz der allgemeinen relativen Unerfahrenheit das Gefühl, sich „blöd“ anzustellen, oder eine Frage nicht formulieren zu dürfen. Wer schon häufiger Kurse und Seminare besuchte, weiss, dass das auch ganz anders aussehen und man sich ziemlich unwohl fühlen kann, wenn man auf einen Kursleiter trifft, der weniger didaktisches Geschick mitbringt, und nicht in der Lage ist, die Kursteilnehmer dort abzuholen, wo sie gerade in Sachen Wissen und Erfahrung stehen.
Persönlich-subjektives Fazit: Ist das Seminar 150,00 Euro wert?
Das kommt sicherlich auf den Betrachtungswinkel an. Die für mich entscheidende Frage ist: "Verstehe" ich meine Maschine jetzt? Habe ich also das Kurs-Ziel, meine Maschine kennen zu lernen, erreicht? Das kann ich mit einem klaren JA beantworten.
Ich konnte und kann problemlos einfädeln, mit unterschiedlichen Garnen, auch jenen, die ein bisschen Trickserei verlangen, und mithilfe einer Schlaufe durch gezogen werden müssen.
Ich lernte verschiedene Techniken mit unterschiedlichen Garnen, die jeweils individuelle Ergebnisse erzielen, kennen, habe also einen Überblick über die Möglichkeiten gewonnen, die meine Maschine bietet, und diese bereits selbst praktisch ausprobiert.
Ich kenne die Einstellmöglichkeiten der Maschine, kann problemlos Füße und Nadeln wechseln, die Maschine reinigen, und weiss auch, was ich besser vermeiden sollte, um möglichst lange Freude an meiner Maschine zu haben.
Meine Lernerfolge waren zuhause problemlos reproduzierbar, darüber hinaus kann man Frau Steiger bei Problemen anmailen, und erhält kompetente Antwort.
Genau das habe ich von diesem Kurs erwartet, und dafür finde ich 150 Euro angemessen.
Der Kurs dient nicht dazu, ambitionierte Projekte zu starten, und möglichst viele raffetückische Experimente zu wagen, sondern befasst sich mit den absoluten basics. Ohne Grundlagen keine Experimente!
Mein persönliches Fazit ist also, dass Preis/Leistung bei diesem Kurs in einem vernünftigen Verhältnis stehen. Wer von einem Kurs erwartet, besondere Overlock-Nähtechniken zu erlernen, sollte besser ein anderes Angebot wählen - in diesem Kurs werden nur basics für den baby lock - Anfänger geboten.
Es gab für mich nur ein aus meiner persönlichen Perspektive nicht unerhebliches Manko: Die Organisation der Rahmenbedingungen. Zu den reinen Kurskosten kommen bei allen ortsfernen Teilnehmern Übernachtungs-, Anreise- und ggf. besagte Taxikosten hinzu. Übernachtung und Anreise sind gängige Posten, dass man jedoch als Bahnreisender für den Transfer vom Hotel zum Seminarort pro Tag zusätzlich Taxikosten hat, die sich durchaus summieren können, fand ich zum einen nicht prickelnd, zum anderen unnötig umständlich.
Es gab aufgrund der Lage des Seminarorts keinen vernünftigen Mittagstisch - Tankstellenkost ist defintiv nicht jedermanns Sache. Es gab keinen Raum, in dem man entspannt ein Päuschen hätte einlegen können, mangels angeschlossenem Kühlschrank keine Kühlmöglichkeit für Getränke, ein mitgebrachtes belegtes Brot oder Obst, auch keinen Keks für den kleinen Hunger zwischendurch, und Kaffee oder Tee nur auf Nachfrage. Diese eher mageren Rahmenbedingungen empfand ich als störend, aber vielleicht wurde das inzwischen optimiert.
Das Ganze wäre für mich (!) angenehmer gewesen, hätte der Kurs beispielsweise in einem Raum im Hotel stattgefunden, der gern klimatisiert sein darf, es waren nämlich ziemlich heisse zwei Tage dort im Osten. Dafür würde ich auch einen höheren Seminarpreis in kauf nehmen, dies ist aber eine rein persönliche Einschätzung.
Den Kurs an sich finde ich jedoch auch aus heutiger Sicht sehr empfehlenswert, rund, prima. Ich habe die Scheu vor meiner für mich damals noch neuen Maschine verloren und viel gelernt!
Also Ihr Lieben - macht was draus .
Eure Seewespe alias Sabine