Achtung, Werbung! Ich bekomme die Maschine vom Nähpark zur Verfügung gestellt.
Ich hab lang überlegt, wie die Tests bei mir ablaufen sollen. Im Endeffekt bin ich zu dem Schluss gekommen, dass ich einfach so weiter mache, wie bisher. Nicht ich richte mich nach der Maschine, sondern ich teste, wie die Maschinen in mein Leben passen.
Daher muss am Anfang meines Testberichts auch immer mein Ausgangspunkt stehen. Dann kann jeder Leser für sich entscheiden, ob er mit meinem Bericht vielleicht was anfangen kann.
Ich nähe seit etwa fünf Jahren und sticke seit vier Jahren. Erst mit einer Brother Innovis 950, jetzt mit einer Husqvarna Viking Designer Topaz 30 (mit der Software Embird2015) und einer W6 Overlock. Meist mach ich Kleidung für mich, manchmal auch für meine Familie. Andere Sachen näh ich gern zwischendurch, zum Beispiel Taschen, Kissen, Geldbörsen, Kuscheltiere, Umschläge oder anderen Kleinkram.
Meine Stickdateien digitalisiere ich gern mal selbst, vor allem die ITH-Sachen. Patchwork gefällt mir, aber bis auf ein paar Testobjekte hab ich mich da noch nicht wirklich ausgetobt.
Meine genähten Sachen halte ich fast immer für tragbar, aber nie für so perfekt, wie ich es möchte. Es gibt also Steigerungspotenzial. Ich würde mich durchaus als technisch versiert betrachten, ich bin zumindest aber nicht auf den Kopf gefallen.
Wenn ich mir eine neue Maschine kaufen würde, wäre es immer eine Näh-Stickkombination. Ich hätte eventuell auch Platz für zwei, aber ich möchte bis 20x36 cm Sticken und habe noch keine reine Stickmaschine gefunden, die das kann und so viel kostet, dass noch eine gute Nähmaschine drin ist.
Pfaff Creative Sensation Pro
Was für eine Aufregung. Als der Paketbote endlich da war, hab ich sie ihm gleich abgenommen. Nicht, dass er das Schätzchen noch hinschmeißt. Bei einem Betrag von 7200 Euro war mir schon etwas mulmig. Was mag das für ein Hammerteil sein?
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Aber eigentlich ist es doch auch nur eine Nähmaschine. Das Stickaggregat (das mit Tasche daherkommt) hab ich erst mal zur Seite geräumt. Anschließend hab ich mir die Anleitung vorgenommen. Die Ehrfurcht war doch größer, als ich dachte. Nach etwa zwei Stunden haben wir uns angefreundet. Die Anleitung ist verständlich und klar gegliedert, ich hab fast alles, was ich brauchte, auf Anhieb gefunden.
Man kann auch ohne angebautes Stickaggregat in das Stickmenü, allerdings bleibt nach dem Laden das vorherige Motiv immer erhalten, was nach dem Ansehen von ein paar Sachen zu Wirrwarr auf dem Bildschirm führte. Kann aber auch ein Bedienfehler von mir sein, hab aber in der Anleitung noch nichts entsprechendes gefunden.
Beim Ausflug in das Stickmenü ist mir noch aufgefallen, dass ich keine Möglichkeit gefunden habe „Meine Rahmen“ zu speichern, wie das bei meiner Topaz der Fall ist, sondern immer alle möglichen Rahmen angezeigt werden. Und diese Liste ist lang.
Die Maschine hat drei Aufbewahrungsmöglichkeiten, was ich reichlich und praktisch finde, vor allem das Fach vorne für die Nähfüsse. So hat man sie immer griffbereit.
Die Rückwärtstaste ist gut positioniert, so dass man sie während des Nähens auch schnell erreicht.
Die LED-Beleuchtung ist klasse. Meine Topaz wird mit der Zeit immer warm, das ist hier nicht der Fall.
Nach ein paar Testnähten hab ich mir gleich die Ärmel meines Blazers geschnappt, unter die Maschine gelegt und dann? Hab ich den Nähberater gesucht. Auf meiner Topaz gibt es die Wahl zwischen elastisch und gewebt, jeweils in drei Stärken. Danach stellt sie Länge, Breite, Nähfussdruck und Fadenspannung ein. Auf der Paff konnte ich so etwas nicht finden.
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Die Naht war trotzdem gut, der Stoff wurde mit und ohne IDT gut geführt. Ich versteh schon, warum sie den Nähberater wie bei Husqvarna nicht braucht, die Balance war ja immer perfekt, aber die Stichlänge ist so ja auch immer auf 2,5 mm. Als Beispiel: Wenn ich bei der Topaz Kunstleder anwähle, stell sie sich automatisch auf 3,0 und schlägt mir den Teflonfuss vor.
Die Sensation hat mit allen meinen Garnen ohne Probleme genäht, auch mit den alten Dingern, die mir auf der Topaz gern mal Probleme bereiten.
Heute habe ich einen Vorhang genäht. Der Stoff lag schon für die Pfaff bereit, ich wollte endlich mal wissen, ob ich mit IDT weniger Stoffverschiebung habe als ohne. Nun, es hat zwar geklappt, aber nicht so viel besser, dass ich mir dafür eine andere Maschine kaufen würde. Ich weiß, mit mehr Nadeln und quer oder mit heften wärs besser geworden, aber ich wollte ja wissen, was die Maschine kann. Schön ist, dass der Stoff nach dem Nähfuss nicht so leicht nach links läuft.
Nach der Testzeit und Vergleichsnähten an der Topaz finde ich immer noch, IDT ist gut, aber nicht lebensnotwendig.
Auch wenn überzeugte Pfaffnäher das anders sehen. Ist wohl so, wie Automatik und Gangschaltung oder Microsoft und Apple. Jeder hat so seine Vorlieben.
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Heften geht nicht so gut. Klar, es gibt einen Heftstich, aber der näht immer nur einen Stich, dann stoppt die Maschine wieder. Blödsinnig, finde ich.
Grundsätzlich finde ich es ja super, dass sie für eine Hightechmaschine einen so robusten Eindruck macht, aber mir persönlich ist sie zu laut (mein Nähzimmer ist in der oberen Etage und man hört unten in der Wohnung, wenn sie läuft).
Beim Betätigen des Fadenabschneiders macht die Sensation einen Stich, der ca. 1 mm neben der Naht liegt. Das hört sich wenig an, aber mich stört das. Drei Meter geradeaus genäht und dann am Schluss dieser Zacken.
Ich habe den Tipp bekommen, dass das nicht so ist, wenn die Geradstichplatte drin ist. Aber das ist ja auch keine Lösung, dann geht ja nur der Geradstich und ich muss umbauen. Da ich hier auf ein Programmierungsproblem tippe, kann das sicher mal mit einem Maschinenupdate behoben werden.
Es ist aber schön, dass die Maschine von selbst merkt, wenn die Geradstichplatte drin ist. Ich bin auch so eine, die sowas gern vergisst.
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Ein Problem ist, dass zum Anbau des Stickfusses die Nadel per Handrad abgesenkt wird und wenn man die manuell wieder hochbringt, kommt es öfter vor, dass der Einfädler nicht funktioniert. Wenn man an so eine Maschine voller Technik so einen Einfädler baut, sollte man auch per Tastendruck die Möglichkeit haben, dass die Nadel in der richtigen Stellung fürs Einfädeln ist.
Ich habe zum Vergleich dann zwischendurch an der Topaz eingefädelt und habe gemerkt, was mein Problem ist:
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Das Teil, an dem der Nähfuss angeschraubt ist, ist ständig im Weg. Man kommt nur schwer an die Schlaufe. Viel zu mühsam für diese Klasse.
Zwei Anmerkungen hab ich für die Anleitung: Kein Witz, nirgendwo in der Anleitung konnte ich finden, wie man das Sticken startet.
Zudem gibt es einen Druckfehler bei der Parkposition.
Somit sind wir schon beim Sticken gelandet.
Die Sensation muss natürlich auch meine selbst digitalisierten Dateien gut verarbeiten. Da hat sie wieder ein paar Pluspunkte geholt. Das automatische Schneiden der Sprungstiche funktioniert gut, mit dem Kunstleder, das nicht eingespannt wurde, kam sie auch sofort klar. Die Geschwindigkeitsregelung ist für mich gewöhnungsbedürftig, auf Antippen gibt’s nur Highspeed (und der ist wahnsinnig schnell!) oder mittel. Mit langem Druck kann man noch feiner regeln.
Das Diplay ist in dem Fall super, man kann seine Dateien als farbige Vorschaubilder sehen, nur die Ladezeit ist mir zu lang.
Der Unterfadenwächter funktioniert zuverlässig, lässt sich aber mit der Starttaste auch umgehen, damit man zum Beispiel eine Farbe fertig sticken kann. Wir wissen ja, dass dann immer noch Faden drauf ist.
Beim Stickbild (von vorne) hat sie mich voll überzeugt. Egal welches Obergarn, Unterfaden, Filz, Vlies, Geschwindigkeit, alles fehlerfrei ohne weitere Einstellungen. Ein absoluter Pluspunkt!
Ich habe folgende Garne fehlerfrei und ohne Einstellung mit ActivStich verstickt:
Brildor PB, Fufus, Aman Isacord, Mettler PolySheen, RA Super Strengh Rayon, Madeira Rayon, Sulky Rayon, Sulky Cotton 30 und Sulky Metallic.
Mit der ActivStitch Technologie muss man fast nie was einstellen. Wie gesagt, fast nie. Eine Datei, die mehrmals gut geklappt hat, ging plötzlich gar nicht mehr. Einmal war ständig der Unterfaden zu sehen, ein anderes Mal gabs Megaschlaufen. Ich habe die ActivStitch Technologie abgeschaltet, aber dann kam ich mir vor, als würde ich an einer Megazicke sitzen, denn ich musste die Maschine komplett umstellen, um das Motiv wenigstens fertig zu sitcken. An die Möglichkeit, zu speichern, hab ich mal wieder nicht gedacht.
Da ich aber davon ausging, dass das Problem mehr in der Mechanik als in der Elektronik liegt, hab ich einfach mal gründlich sauber gemacht. Und schon war alles wieder wunderbar. Pflege muss sein.
Das Stickbild auf der Rückseite von Kunstleder sollte für mich der ultimative Vergleich sein, denn da hab ich mich über die wackeligen Geraden der Topaz manchmal gewundert.
Da es bei der Sensation aber genau so ist, kann meine Topaz doch nicht so schlecht sein. Anscheinend werden Stiche auf Maschenware nicht ganz gerade:
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Ich muss aber sagen, gerade bei dieser Datei war die Sensation toll. Sie hat viele Höhenunterschiede, das hat sie überhaupt nicht gestört, keine Aussetzer, keine Schlaufen.
Mein Fazit:
Die Sensation Pro ist eine Sensation. Sie funktioniert zuverlässig als Nähmaschine mit viel Luxusdetails und stickt nahezu perfekt.
Wer es sich leisten kann und gerne auf Pfaff näht, sollte sie sich holen. Ich selbst muss leider sagen, dass sie mein Budget um mehr als das doppelte überschreitet und ich (noch) Husqvarna bevorzuge, weil sie mir vom Handling her einfach besser liegen.
In dieser Preisklasse hätte ich erwartet, dass die Maschine mich überrascht, und zwar in allen Bereichen. Das war nicht der Fall, ein paar Ausreisser waren dabei.
Trotzdem war es mir eine Freude, sie bei mir zu haben, ich werde sicher das eine oder andere Mal mit einem Seufzer an sie zurückdenken.