Da ich recht pingelig bin bezüglich der Farben, die ich gerne trage, färbe ich ziemlich viel. Als vor zwei Jahren weiss so in Mode war, bin ich auf die Art und Weise zu einem traumhaften grasgrünen Satinblazer gekommen, und zu einem roten Leinenblazer mit weissen Nähten und dicken Perlmuttknöpfen. Wunderschön.
Ich gebe mal einen Überblick über meine Färbeerfahrungen:
Erst einmal sollte man sich den Stoff anschauen, den man färben möchte:
- Pflanzliche Naturfasern wie Baumwolle und Leinen sind super zu färben. Macht Spaß und gibt auch relativ wenig Überraschungen.
- Theoretisch müsste Viskose auch zu den pflanzlichen Fasern gehören, doch die Färbeergebnisse sind hier Glückssache. Keine Ahnung, was die Hersteller mit den Zellulosefasern so alles anstellen.
- Tierische Naturfasern bedürfen anderer Farbstoffe, sind dann aber auch gut zu färben.
- Polyester ist mal schlichtweg nicht systematisch zu färben, zumindest nicht mit dem, was ich bisher bezüglich Farben gefunden habe. Es nimmt die Farbe nur dann an, wenn man es nicht haben will.
- Polyamid lässt sich mit den gleichen Farben wie für tierische Fasern färben.
- Mischfasern sind sehr trickreich. Sie nehmen Erfahrungsgemäß Farbe an, aber wie und mit welcher Intensität, gleicht russisch Roulett. Aber dazu später mehr.
Die Auswahl an Farben ist ziemlich groß.
- Die beste Erfahrung hab' ich mit der Echtfarbe von Simplicolor gemacht. Sie ist für pflanzliche Naturfasern gedacht. Man färbt im Bottich oder in der Waschmaschine bei 30 oder 40 Grad und wäscht direkt im Anschluss mit der maximal erlaubten Temperatur. Bei dieser Temperatur ist die Farbe dann waschecht, d.h. wenn man nachher schön heiss wäscht, ist sie sogar kochecht. Ich hab' mit dieser Farbe nie Probleme mit Farbresten in der Waschmaschine gehabt (Frontlader). Macht einfach Spaß!
- Von Simplicolor gibt es auch noch die Textilfarbe. Diese ist für Kunstfasern und tierische Fasern. Man färbt bei niedrigen Temperaturen, und die Farbe ist nicht komplett waschfest, d.h. man sollte immer mit ähnlichen Farben zusammen färben. Ich habe mal eine Bluse hellorange gefärbt, die nach dem Färben sehr quietschig war. Nach ein paar Wäschen war sie nur noch sommergelb, weder orange noch quietschig. War nicht schlecht, hat aber gezeigt, wie viel Farbe sich noch rauswäscht. Mit dieser Farbe hab' ich auch schon Rückstände in der Waschmaschine gehabt, die dann meiner weissen Wäsche rote Nähte gezaubert haben.
- Es gab' mal eine Zeit, da war das Färben von Sockenwolle mit Brausepulver aus USA oder Ostereierfarben ziemlich in. Im Internet sind schöne Anleitungen zu finden. Die Farbe ist allerdings nicht unbedingt bis zum St. Nimmerleinstag leuchtend und fest.
- Diverse Seidenmalfarben eignen sich auch für Wolle, da beides tierische Fasern sind. Manche Seidenmalfarben oder Batikfarben sind auch für pflanzliche Fasern geeignet, das hängt von der Art des Fixierend ab.
- Procicon Farben sind auch bei Textilkünstlern beliebt. Verständlich, denn es gibt kaum etwas, was man nicht damit machen kann: im Bottich färben, Batiken, Marmorieren, in der Waschmaschine färben, Stempeln, Drucken, Pinseln. Alles hängt davon ab, mit welchen Fixiermitteln und welchen Bindemitteln die Farben verarbeitet werden. Von der Art des Fixierens hängt auch ab, ob man damit tierische oder pflanzliche Fasern färben kann. Zum färben mit Procicon gibt es auch einiges an Literatur.
Welche Fasern die Farbe wie gut annehmen, hängt von vielen Faktoren ab.
- Wenn man fertig genähte Kleidung färbt, hat man gute Chancen, dass die Sachen mit Polyestergarn genäht wurden. Dieses nimmt Farbe nicht oder schlecht an. Bei oben erwähntem Leinenblazer hatte ich Glück und die Nähte blieben strahlend weiss. Eine alte Jeansjacke, die ich inzwischen nicht mehr besitze, hatte ich hellgrün gefärbt. Die nähte waren danach hellblau, d.h. sie hatten den Blauanteil der Farbe gut, den Gelbanteil gar nicht aufgenommen.
- Bei Mischfasern, die ja meist einen Kunstfaseranteil enthalten, hängt das Ergebnis nicht nur vom Mischungsverhältnis ab, sondern auch von der Art der Stoffherstellung. Hier sollte man sich auf jeden Fall auf eine Pastellfarbe einstellen. Erneutes Überfärben nützt hier auch nichts, da der Stoff einfach schnell mit Farbe gesättigt ist.
- Ein klassischer Fall für das Spiel mit den Materialien ist Devoré. Hier ist der Grundstoff aus Kunstfaser, der Samt aber aus Viskose. Färbt man jetzt mit unterschiedlichen Farbarten, so nimmt der Grundstoff eine andere Farbe an als der Samt, was die interessanten Effekte gibt.
- Jeder Stoff hat einen Sättigungsgrad bezüglich der Farbe. Wenn dieser erreicht ist, nimmt der Stoff keine weitere Farbe mehr auf. Das ist einer der Gründe, warum man nicht jeden Stoff einfach schwarz färben kann: wenn da schon ganz viel gelbe Farbe drin ist, ist nicht mehr genug Platz für schwarze Farbpartikel.
Das führt aber auch zu solchen Effekten, wie dem folgenden: Ich hatte mal einen kleines Stück Stoff gefärbt, um ihn als Paspel an dem ungefärbten zu verwenden. Die Farbe war gut geworden, so dass ich umgeplant habe und alles in der Farbe haben wollte, die Paspel dann in der gleichen Farbe drei Nuancen dunkler. Also dachte ich, ich färbe einfach alles zusammen noch einmal über, so dass das große Stück Stoff die Grundfarbe bekommt, und das kleine Stück Stoff noch dunkler wird. Hat nicht geklappt. Ich hatte statt dessen dann eine einheitliche Farbe in beiden Stücken Stoff, da sie die gleiche Sättigung hatten.
Das Mischen des richtigen Farbtones erfordert ein wenig Übung:
- Bei den Echtfarben von Simplicolor kann man zum Glück ganz gut den flüssigen Farbstoff im Glas mischen, wenn man ordentlich Wasser dazugibt (sonst ist die Farbe so intensiv und dunkel, dass man kein Gefühl für den Farbton hat).
- Immer mit der hellen Farbe anfangen. Man verschätzt sich sehr leicht, wie viel gelb und wie wenig blau man für einen Grünton braucht.
- Wenn eine Farbe nur noch eine Nuance anders werden soll hat man eine gute Chance, dass das Überfärben noch etwas bringt. Ein Tomatenrot wird kräftig mit gelb übergefärbt zu einem ganz leicht orangestichigen Rot, aber man darf nicht mit gelb geizen. Große Korrekturen sind oft schwierig.
- Farbtabellen helben sehr. Wichtig ist aber immer, auch die Farbmenge, die man für das richtige Verhältnis benötigt, abzuschätzen.
Übrigens sollte man in der Waschmaschine gefärbte Stoffe nicht in die Reinigung geben. Die Lösungsmitteln dort können durchaus die Farbe wieder herauslösen. Daher: Wenn der Stoff den Färbegang in der Waschmaschine überstanden hat, dann übersteht er auch die Wäsche. Und man kann Blazer nachher zum Bügeln in die Reinigung bringen.
Man kann mit Stofffarben tolle Effekte erzielen. Spitzen, alte Tischdecken, verblasste Jeans, Handtücher, die nicht mehr zum neuen Bad passen. Auch Canvasschuhe lassen sich färben. Und meine gelben Segelschuhe haben jetzt orange Schnürsenkel.