Also, dass es im MA keine BH-Lösung gab, wage ich zu bezweifeln.
Ist jedem freigestellt, ... zum Glück
Die Römer kannten Brustbinden und auch im Frühmittelalter war so was bekannt. Isidor von Sevilla (Enzyklopädie, 1. Hälfte 7. Jh.) schreibt bezüglich weiblicher Unterbekleidung:
Ich kann nur etwas zu "Hosen" für Männer sagen, also Hosen, so wie wir es mehr oder weniger kennen. DIE hatten die Römer, die Kelten sogar in richtig schick, kariert und eher in eng, die Germanen sowieso, Wikinger selbstredend ... und irgendwann kamen dann die mächtigen Schamkapseln.
Also fragt man (ich, zumindest) warum zur Hölle, wurden die Hosen in "zivilisierten" Europa des MA und zwar von Früh- bis fast Spät-MA komplett ignoriert? Hosen waren damals ein PAAR Beinlinge mir Füssen dran, genäht, wohlgemerkt, nicht gestrickt oder nadelgebunden. Die wurden vorne mit EINER Nestelschnur an dem Gurt der Bruche angebunden.
Warum die Bruche X-mal um den Gurt gewickelt werden musste, angefangen ab ca. den Achseln, auch so ein Mystikum. Btw. die Bruche, praktisch Boxershorts XXXL hatte in der Mitte einen "Steg", an den die Beine genäht wurden, aber NUR oben, die Beine selber blieben innen offen und wurden übereinander gelegt in die Beinlinge gestopft. Dieses Gefühl, wenn dann in fern Innenbeuge an sensibler Stelle, kratzige Wollstoff-Kante durch den offenen Leinen kommt, bestimmt herrlich
Es klingt für uns heute völlig gaga, aber es war halt so. Gibt viele weitere Beispiele von Erfindungen, Techniken, Denken, ... dass in der Antike bekannt war und dann erstmal nicht bis weit nach dem Mittelalter.
Für die Zeit dazwischen ist mir zwar nichts bekannt, aber ich bin durchaus geneigt davon auszugehen, dass es auch da was gab. Das ist schließlich eine Frage der Praktikabilität. Und mit Oberweite rumzurennen, die von nichts gehalten wird, ist verdammt unpraktisch. Warum sollte was praktisches verschwinden, um Jahrhunderte später wieder aufzutauchen?
Nur um mal kurz Namensbildung für die Schichten zu machen, damit wir über das Gleiche reden:
* auf der nackten Haut das Leibhemd (wohl eher lockeres Leinen, bei Frauen ca Knie + / - je nach Epoche) ob nun "Träger" oder Ärmel hängt wohl von vielen Details ab
* darüber das Untergewand, tlw. Leinen, tlw. Wolle ... wird heute als "Unterkleid" fälschlicherweise dem Leibhemd gleich gesetzt
* darüber das Obergewand, also Kotte, Tunika etc. ... meistens Wolle, oder edler, tlw. sogar komplett Pelz gefüttert. Wurde z. B. im Haus dann ohne weiteres getragen
* darüber das Übergewand, das waren dann i. d. R. die "Prachtgewänder" von Bildern etc., also Surcote oder Houppelande usw. Houppelande geht tlw. dann schon in Richtung "Mantel" im heutigen Sinne, also lang, weit, ggf. Pelz gefüttert etc. - Das Übergewand wurde wohl von der ärmeren Bevölkerung am ehesten weggelassen, bzw. konnte sie sich gar nicht leisten.
* darüber dann Guggeln, Mäntel, Umhänge, ....
Irgendwo in den Schichten sind für Frauen Brusttücher dokumentiert. Ob die nun dazu dienten, einen unschicklichen Ausschnitt zu verdecken, mehr Komfort zu bringen, Wärme, oder gar ob die nicht evt. verknoten und damit tragende Aufgaben haben, darüber habe ich schon alle Varianten gelesen.
Irgendwann im Laufe des Mittelalters begann man sich für das Untergewand von dem Denken "viel Tuch rein (gut betucht), damit man für alle Vorkommnisse (schwanger, zu nehmen) gewappnet ist" zu verabschieden. Bis dahin war es üblich, 1 Stoffbahn (damals ca. halbe Breite von heute) einfach so zu lassen und an den Seiten zusammen zu nähen. Da begann man wohl mit Drapieren das ganze auf Form zu bringen.
Sinngemäß Stoffbahn, Loch für den Kopf rein, dann erstmal die Seiten grob abstecken - oder besser, empfehle abnähen(!) - danach ca. die Arme frei schneiden. Dann Mitte hinten (wenig!), Mitten vorne (noch weniger!), Seiten korrigieren. Irgendwann ist man relativ dicht dran. DANN legt sich Frau flach auf den Rücken, ggf. hält sie mit den Händen die Brüste ungefähr da, wo sie hin sollen. Danach wird von der Taille aufwärts jeweils eine Nahtlinie drapiert, die senkrecht hoch auf die Brust zu läuft. DAS muss dann richtig stramm werden und auch die Brust entsprechend formen.
Danach hat man ein frühes Miederkleid, das auf jeden Fall seitliche oder rückwärtige Schnürung braucht. Das Kleid besteht dann aus mind. 5 bzw. 6 Bahnen, wobei die mittlere Bahn vorne zumindest im oberen Teil sehr deutlich verstärkt werden muss, z. B. Steifleinen, für ein winterliches Unterkleid habe ich mal sehr dicke, feste, indische "Rohseide" genommen, das ging prima. Diese Unterkleider lassen sich dann definitiv problemlos auch OHNE BH tragen, zumindest die bisher von mir so erstellten. Seit einem Jahr soll ich das irgendwann mal für ein Körbchen in Größe "K" machen, danach können wir gerne noch mal reden.
Allerdings sind diese Miederkleider erst Mitte / spätes 14. Jh und dann nur regional unterschiedlich aufgekommen.
Oberkleider hatten tlw. noch konturformende Aufgaben, aber sicher keine "tragendende", Überkleider sowieso nicht mehr. Da war es eher so, dass z. B. durch die Höllenfenster das eng sitzende Unterkleid präsentiert wurde.
Wie überhaupt bei dieser ganzen Diskussion wie immer bei dem "authentisch", Zeit und Ort sehr stark eingegrenzt werden muss.
Btw. nochmal zurück zu den Unglaublichkeiten ... die Kleider der Männer wurden immer kürzer und auch die Bruchenbeine kürzer, die Beinlinge gingen tlw. nicht mehr bis in den Schritt, es gab nackte Haut zu sehen, tlw. recht viel Männlichkeit, darüber gibt es sogar entsprechende Nachweise. In der gleichen Zeit kam das Reiten in Mode und Man(n) stellte fest, Leinenbruchen sind doof, da war Hirschleder schon besser und irgendwoher kamen wirklich reichere auf die Idee, SCHLANGENLEDER zu nehmen. Nun einfach mal das Bild entstehen lassen, Schlangenlederpanties, rote (war damals tlw. sogar vorgeschrieben!) Beinlinge und freien Blick auf das alles, weil die Klamotten stark Richtung "Mini" gingen ...
Damit wünsche ich dann Gute Nacht!