Ich hab mir jetzt mal die letzten 4 Seiten durchgelesen und mich gefragt, wie "ich" es denn nun mit den Labels halte.
Für mich ist ein "sichtbar" getragenes Label ist in einem gewissen Sinne ähnlich wie ein "Brandzeichen" auf dem Schenkel eines Pferdes, man weiß aus welchem "Stall" eine Sache kommt. In einem anderen Thread haben wir uns über Küchenmaschinen unterhalten und welche "Marke" wir empfehlen würden, woanders wird über "Schneiderscheren" oder Nähmaschinen gesprochen (ich setze hier jetzt auch mal in weiterem Sinne "Handwerkszeug" wie Bohrmaschinen, Schraubenzieher, Knarren, Wandfarbe u.ä. hinzu).
Ich für mich möchte einen Gegenwert für mein Geld haben. Wenn ich diese von mir erwartete Qualität (Geschmack, Verarbeitung, Langlebigkeit, Zweckerfüllung, Nutzungs-/Tragekomfort, "ideologischer Anspruch") in einer Ware finde, dann bin ich sehr zufrieden. Ob diese nun von einer superbekannten Firma stammt oder einer kleiner Hinterhoffirma, ist mir persönlich egal, wenn "der Stall berechtigt gut ist, ist es mir auch das Geld wert". Ich ärgere mich auch über etwas, was "nur" 2 Euro gekostet hat und mir bei dem ersten Handgriff deutlich macht, dass das ein Griff ins Klo war.
Das man vielen teuren und guten "Markenwaren" von außen (auch ohne Label) ansieht, aus welchem Stall sie kommen ist für mich nicht so wichtig, wie die Qualität, die dahinter steckt. Lieber ist es mir, wenn man ein eingedrucktes oder geprägtes Label abschneiden/umgehen kann, aber ich würde aus einer J.-W.-Jacke jetzt keinen Handflächengroßen Stück Stoff von der Schulter rauschneiden, nur weil ich "damit nicht gesehen werden will" - ich finde es nur schade, dass ich diese Jacken nicht mehr kaufen kann ohne als "Litfass" rumzulaufen.
Ich habe "uralte" (> 20 Jahre) Sachen von J.W. - und die haben ihre Qualität, Verarbeitung und Lebensdauer unter Beweis gestellt, ich habe und trage sie (so sie noch passen) heute noch, anders als einige Outdoorhosen von A**i, bei denen es beim ersten Bücken raaaaaaaaack an der Gesäßnaht machte oder der Fleece schon nach einem Jahr labberig und ausgedünnt war.
Aber wenn sich eine Firma darauf "ausruht" und mit dem Qualitätsvertrauen spielt und den Kunden für "dumm" hält und meint nur durch das Label dem Kunden auch "dumm Tüch" mit schlechter Qualität andrehen zu können, dann werde ich sauer.
Genauso ärgerlich bin ich auch, wenn mit einem "Herausstellungsmerkmal" z.B. faire Arbeitsbedingungen für die Arbeiter in Erzeugerländern oder keine Kinderarbeit geworben wird, dafür erklärt wird, dass die Ware dadurch teurer ist, und hinterher herauskommt, dass es "hintenrum" genauso läuft wie bei "Billigherstellern" (Beispiel: Kleidung, Schokolade, Kaffee etc.).
Ich weiß bei bestimmten "Marken" einfach die Passform und konnte dort (fast) blind eine bestimmte Größe kaufen, die Form hat immer gepasst, egal welches Modell ich genommen habe. "Das" hat mich zu dieser Firma greifen lassen, neben der schon von mir beschriebenen erwarteten Kriterien als Gegenwert für mein Geld. Trotzdem bin ich überwiegend auf die Suche nach "Second hand-Ware" dieser Marke gegangen, weil mir die a) die hohen Preise dafür zuviel waren und ich nicht unbedingt die neusten Saisonmodelle brauche und b) ich auf diese Art und Weise "meinen Weg" gefunden habe, wenn schon "Konsumwelt", dann muss es nix Fabrik-Neues - also der Recycling-Gedanke.
Ich finde es toll, wenn man das, was einem optisch und qualitativ zusagt auch "herstellen", also nähen kann - ich bin noch nicht soweit (Bsp. Burberry-Mantel oder Chanel-Kostüm), aber wenn diese Kauf-Dinge meinen o.g. Kriterien entsprächen würde ich sie kaufen.
Ich muss auch keine "Anti-Labels" tragen nur um zu demonstrieren, dass ich dieser "Markenzugehörigkeit" nicht hinterher hechte, es gabe eine Zeit, das gab es fast identische Polo-T-Shirts ähnlich wie die von Lacoste, nur hatten die eine kleine Schildkröte anstelle des Krokodils. Das ist für mich genauso überflüssig. Irgendwie mach ich es damit doch nicht "anders", wenn ich damit "zeigen" will, dass ich "DA" nicht mitmache... - ich mach dafür bei was anderem mit....
Ich kann leider nicht so unabhängig sein, wie ich will. Durch Entscheidungen für bestimmte Waren kann ich von außen immer irgendwelchen "Gruppen" zugeordnet werden. Ich kann nur für mich selbst entscheiden, dass diese "zugeordnete Gruppenzugehörigkeit" für mich selbst KEIN Entscheidungsgrund ist, etwas zu tun (kaufen/tragen/nutzen) oder nicht - sondern die wohlüberlegte Entscheidung, was ich haben will und wofür ich dazu bereit bin.
LG, Tjorven